MISCHMIETVERHÄLTNIS: Im Zweifel gilt Wohnraummietrecht
Ein Mietverhältnis über Räume, die der Mieter zu Wohn- und zu gewerblichen bzw. freiberuflichen Zwecken nutzen darf (Mischmietverhältnis), kann nicht in ein Wohnungs- und ein gewerbliches Mietverhältnis aufgespalten werden und ist daher zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über gewerbliche Räume zu werten. Wird z.B. ein Haus vermietet, in dem der Mieter im Erdgeschoss eine Praxis betreibt und im Obergeschoss wohnt, ist für die rechtliche Einordnung entscheidend, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt. Entscheidend ist insofern der wahre, das Rechtsverhältnis prägende, Vertragszweck, d.h. die gemeinsamen und übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien darüber, wie das Mietobjekt genutzt werden soll und welche Art der Nutzung im Vordergrund steht. Ein hiervon abweichender, im Vertrag nur vor- getäuschter Vertragszweck, ist unbeachtIich (BGH, Urteil v. 9.7.2014, VIII ZR 376/13). Die Einordnung als Wohnraum- oder als Geschäftsraummietverhältnis hat erhebliche Auswirkungen: Im Gegensatz zu Wohnungsmietern genießen Geschäftsraummieter keinen Schutz gegen Kündigungen und Mieterhöhungen. Ein unbefristetes Geschäftsraummietverhältnis kann grundsätzlich ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses, d.h. eines Kündigungsgrundes gekündigt werden; auch zur Durchsetzung einer Mieterhöhung durch eine sog. Änderungskündigung (Kündigung des Mietverhältnisses und Angebot eines neuen Mietvertrages mit höherer Miete). Ferner kann der Mieter auch bei Vorliegen besonderer Härtegründe weder die befristete noch die unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunter- halt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu (BGH, a.a.O. unter Aufgabe von BGH, Urteil v. 16.4.1986, VIII ZR 60/85). Bei der rechtlichen Einordnung ist maßgebend auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, wobei das Gericht beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann, so z.B. auf das verwendete Vertragsformular, das Verhältnis der Gewerbe zu den Wohnraumflächen, die Verteilung der Gesamtmiete auf Gewerbe und Wohnung sowie auf Formulierungen im Mietvertrag, die auf Wohnraum bzw. Gewerberaum hin- deuten. Dabei spricht z.B. ein unbefristeter Mietvertrag ebenso wie eine Vereinbarung, die eine einheitliche Miete ohne Umsatzsteuer ausweist, für ein Wohnraummietverhältnis. Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen (BGH, Urteil v. 9.7.2014, Vlll ZR 376/13).
Präsentiert von Ihrem Immobilienmakler aus München aus der Bayerischen Hausbesitzer-Zeitung, 65. Jahrgang/ Dezember 2014